Erbschaftssteuerfrei in geerbte Elternhaus

Das Haus der Eltern kann steuerfrei auf das Kind übergehen, wenn es vom Kind selbst genutzt wird. Dieser Steuervorteil geht jedoch verloren, wenn der Einzug nicht innerhalb einer angemessenen Zeit erfolgt. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (28. Mai 2019, II R 37/16) ist in der Regel ein Zeitraum von sechs Monaten angemessen. Nach Ablauf von sechs Monaten muss der Erwerber darlegen und glaubhaft machen, zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung als Familienheim entschlossen hat, aus welchen Gründen ein Einzug nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat. Umstände in seinem Einflussbereich, wie eine Renovierung der Wohnung, sind ihm nur unter besonderen Voraussetzungen nicht anzulasten.

Im Januar 2014 erbte der Kläger im Wege eines Vermächtnisses ein zuvor vom Vater vollständig selbstgenutztes Zweifamilienhaus. Der entsprechende Grundbucheintrag erfolgte im September 2015. Erst im April 2016 begann der Kläger, Angebote von Handwerkern für die Renovierung des Hauses einzuholen. Die Bauarbeiten begannen dann im Juni 2016. Der Kläger ging davon aus, das Haus steuerbefreit als sogenanntes „Familienwohnheim“ erhalten zu haben. Eine gegen die dennoch erfolgte Steuerfestsetzung gerichtete Klage wies das Finanzgericht mit der Begründung ab, seit der Grundbucheintragung im September 2015 seien mehr als sechs Monate verstrichen, ohne dass der Kläger Maßnahmen ergriffen hätte, die auf eine unverzügliche Bestimmung des Hauses zur Selbstnutzung schließen ließen.

Hintergrund: Die Steuerbefreiung nach § 13 Absatz 1 Nummer 4c ErbStG umfasst eine auf einem bebauten Grundstück (Ein- und Zweifamilienhäuser) gelegene vom Erblasser genutzte Wohnung, wenn diese beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim). Als unverzüglich gilt dabei in der Regel eine Frist von sechs Monaten nach Eintritt des Erbfalls. Auch nach Ablauf der sechs Monate kann noch eine unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung vorliegen. Allerdings muss der Erwerber dann begründen, wann er sich für eine Selbstnutzung entschieden und warum sich diese verzögert hat. Ein anerkannter Grund für die Verzögerung ist eine Erbauseinandersetzung. Wenn sich der Einzug aber durch Umstände verzögert, die allein im Einflussbereich des Erwerbers liegen, wird die Argumentation schon schwieriger. Ein Grund kann sein, wenn sich nach Beginn von Renovierungsarbeiten ein Mangel herausstellt, der vor dem Einzug unbedingt behoben werden muss. Je mehr Zeit seit dem Erbfall bis zum Einzug verstreicht, desto schwieriger wird allerdings die Argumentation gegenüber dem Finanzamt.

Der Bundesfinanzhof erkannte im vorliegenden Fall keine ausreichende Begründung für eine Verzögerung des Beginns der Selbstnutzung. Zwar war erst ein Vermächtnis zu erfüllen und ein Grundbucheintrag abzuwarten. Doch hatte der Kläger ohne erkennbaren Grund erst mehr als sechs Monate nach der Grundbucheintragung mit der Renovierung begonnen.

Sibylle Barent
Referentin Steuern und Recht
Haus & Grund Deutschland

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