Fragen und Antworten zu gesetzlichen Neuregelungen aus Anlass der COVID-19-Pandemie

Seit 01. April 2020 gilt das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht, abgedruckt auf Seite 122 in der Mai-Ausgabe unseres Mitgliedermagazins "Haus & Grund Saarland". In § 1 des neuen Artikel 240 EGBGB sieht es ein Leistungsverweigerungsrecht vor. Damit sollen Verbraucher und Kleinstunternehmer unterstützt werden, deren Einnahmen aufgrund der Corona-Pandemie ausbleiben und die dadurch eigene Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen können. Davon können sowohl Vermieter als auch Mieter profitieren.

Das Leistungsverweigerungsrecht gilt aber nicht im Zusammenhang mit Miet- und Pachtverträgen und auch nicht für Darlehensverträge. In § 2 des neuen Artikel 240 EGBGB gibt es eine gesonderte Regelung für Miet- und Pachtverhältnisse und für Darlehensverträge gilt § 3 des gleichen Artikel 240 EGBGB

Muss der Mieter weiter seine Miete bezahlen?

Ja, auch während der COVID-19-Pandemie sind Mieter weiter verpflichtet, ihre Miete fristgerecht zu bezahlen. Zahlt der Mieter also seine monatliche Miete nicht oder nicht vollständig, kommt er mit der Mietzahlung in Verzug. Der Vermieter kann dann auch Verzugszinsen von seinem Mieter verlangen.

Was gilt, wenn der Mieter pandemiebedingt nicht zahlen kann?

Wenn der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 aufgrund von Auswirkungen der COVID-19-Pandemie nicht in der Lage ist, die fällige Miete zu bezahlen, ist es dem Vermieter verwehrt, dem Mieter aus diesem Grund zu kündigen. Der Vermieter darf das Mietverhältnis wegen der Mietschulden aus dem Zeitraum April bis Juni 2020 erst wieder kündigen, wenn der Mieter nicht bis zum 30. Juni 2022 die in dem Zeitraum April bis Juni 2020 angehäuften Mietschulden ausgleicht.

Wie kann Streit darüber vermieden werden?

Der Mieter muss glaubhaft machen, dass er infolge der Corona-Pandemie die Miete ganz oder teilweise nicht zahlen kann. Wie diese Glaubhaftmachung erfolgen muss, wird häufig eine Frage des Einzelfalls sein. Auch deshalb sollte der Mieter unbedingt Kontakt mit seinem Vermieter aufnehmen und ihn über seine Situation informieren, damit einvernehmliche Lösungen gefunden werden können. Beispielsweise ist denkbar, dass der Vermieter bei unstreitigen Mietzinsrückständen auf die Kaution zugreift, die der Mieter später wieder auffüllen muss.

Darf der Vermieter aus anderen Gründen kündigen?

Ja, der Kündigungsausschluss erfasst nicht Mietschulden, die schon vor dem 1. April 2020 vorhanden waren. Die fristlose Kündigung wegen solcher Rückstände bleibt möglich. Auch kann der Vermieter kündigen, wenn der Mieter ab 01. April 2020 die Zahlung aus anderen Gründen einstellt, z. B. wegen bloßer Zahlungsunwilligkeit. Der Vermieter kann auch weiterhin wegen Eigenbedarf oder wegen Pflichtverletzungen kündigen. Der Kündigungsausschluss erfasst nur Kündigungen wegen Nichtleistungen der Miete, die im Zeitraum 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen

Worauf bezieht sich das Leistungsverweigerungsrecht für Verbraucher und Kleinstunternehmer?

Es bezieht sich auf „wesentliche Dauerschuldverhältnisse“ mit Ausnahme von Miet- und Pachtverträgen. Wesentliche Dauerschuldverhältnisse sind nach dem Gesetzeswortlaut solche, die zur Eindeckung mit Leistungen der angemessenen Daseinsvorsorge von Verbrauchern oder zur angemessenen Fortsetzung des Erwerbs von Kleinstunternehmern erforderlich sind. Nach der Gesetzesbegründung betrifft das beispielsweise Lieferverträge über Gas, Wasser und Strom sowie auch die Telekommunikation, also Internet und (Mobil-) Telefon. Außerdem zählen dazu Pflichtversicherungen und möglicherweise auch andere wichtige Versicherungen. Wegen einer fehlenden Definition durch den Gesetzgeber besteht hier allerdings Konfliktpotenzial.

Wirkt das Leistungsverweigerungsrecht automatisch?

Nein, der Verbraucher muss sich auf das Leistungsverweigerungsrecht berufen, also seinen Vertragspartner informieren und auch geltend machen, dass die Zahlungen infolge der COVID-19-Pandemie ohne Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhalts oder des angemessenen Lebensunterhalts seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht möglich sind. Ähnliche Voraussetzungen treffen den Kleinstunternehmer. Im Streitfall müssen diese Voraussetzungen belegt werden. Gelingt das, ist der Verbraucher bzw. Kleinstunternehmer auch nicht verpflichtet, wegen der unterlassenen Zahlungen Schadensersatz oder Verzugszinsen leisten zu müssen.

Welche Folgen hat das Leistungsverweigerungsrecht?

Wenn die Voraussetzungen gegeben sind, braucht der Verbraucher bzw. Kleinstunternehmer nicht zahlen. Er muss diese Zahlungen natürlich nachholen. Wenn die Auswirkungen der Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts aber für den Vertragspartner unzumutbar wären, ist es ausgeschlossen. Dann darf der Schuldner, also der Verbraucher bzw. Kleinstunternehmer, stattdessen kündigen. Nochmals: Das Leistungsverweigerungsrecht gilt ausdrücklich und definitiv nicht im Miet- und Pachtrecht. Und auch nicht für Darlehen.

Welche Erleichterungen gibt es für Immobiliendarlehen?

Für Darlehensverträge gibt es eine gesonderte Regelung in § 3 des neuen Artikel 240 EGBGB. Unter bestimmten Voraussetzungen können Zahlungen (Zins und Tilgung) vorübergehend ausgesetzt werden, denn sie gelten kraft Gesetzes als gestundet. Die Fälligkeit der Zahlung wird damit auf einen späteren Zeitpunkt verschoben (gestundet). Die Darlehensschuld wird aber insoweit nicht erlassen. Der pandemiebedingt in Not geratene Darlehensnehmer soll dadurch Zeit gewinnen, um staatliche Hilfsangebote wahrzunehmen und gegebenenfalls Unterstützungsmaßnahmen zu beantragen.

Rechtsanwalt Norbert Behle
Vorsitzender von Haus & Grund Saarland

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